„Wer immer das tut, was er kann, bleibt immer das, was er ist“

 In LEBENSATHLET

Veränderungen im Leben sind für uns oft ein Mysterium.
Aber wir erleben gerade, dass wir uns Veränderungen nicht immer entziehen können.

Unser Gehirn liebt Kohärenz, d.h. in einem geordneten Gleichgewicht zu sein und damit in einem gewohnten energiesparenden Zustand. Wir nennen das heutzutage „Wohlfühlzone“.

Allerdings ist ein Lernen, eine persönliche Entwicklung nicht möglich, ohne aus unserer Wohlfühlzone herauszutreten. Es ist also nahezu lebensnotwendig, uns zu überwinden. Dabei heißt Neues nicht immer „mehr, schneller, weiter“- es kann auch auf den ersten Blick ein Rückschritt sein. Dieser ist im Leben oftmals unvermeidlich, aber in vielen Fällen empfinden wir ihn anschließend sogar als angenehm. Für unser Gehirn ist es also nahezu lebensnotwendig, uns immer wieder mal neuen Reizen auszusetzen.

Andererseits spielt uns genau dieses Gehirn sehr häufig einen Streich, wenn es darum geht, uns gewohnten Abläufen zu entziehen. Wir kennen alle die Situation: Sogar selbst gefasste Vorsätze, Neues zu wagen, werden plötzlich von einer inneren Stimme torpediert. Es kommen Zweifel auf. Gedanken wie „Schaffe ich das?“ „Ist das wirklich nötig?“ „Es könnte doch…!“, treten in den Vordergrund und schon ist der größte Wille, etwas zu wagen, dahin.
Biologisch ist das eine natürliche und in uns allen verwurzelte Schutzfunktion.

ABER:

Die erste gute Nachricht:
Entkommen wir der alten Wohlfühlzone, ist das Niemandsland, in das wir uns begeben, bald nicht mehr ein unbekanntes Gelände, sondern sehr schnell eine neue Wohlfühlzone.

Die zweite gute Nachricht:
Je mehr Veränderungen wir annehmen, desto einfacher fällt es uns, uns neuen Bedingungen zu stellen – wir lernen sozusagen mit mehr Unbekannten zu hantieren, aus Erfahrung und auch durch mehr Selbstvertrauen Neues zu meistern.

Die dritte gute Nachricht:
Veränderung heißt nicht ständig optimieren. Auch ein „Schritt zurück“, ein Loslassen von vermeintlich Unverzichtbarem kann eine wohltuende Veränderung sein.

Die vierte gute Nachricht:
Wir müssen uns nicht ständig ändern! Wir sollten uns natürlich von Zeit zu Zeit zurücklehnen und die Veränderungen erst einmal wirken lassen.

Hochleistungssportler kennen die Lebensphase der Veränderungen, wenn es mit den absoluten Spitzenleistungen biologisch gesehen abwärts geht. Auch im Breitensport spüren wir das, wenn uns Verletzungen bremsen. Beide Male werden wir nur dann wieder mit Freude trainieren, wenn wir uns der Situation stellen. Plötzlich sind wir sogar mit weniger Erfolg ganz glücklich.

Was hat das mit der derzeitigen Situation zu tun?

Vor wenigen Wochen wurde unser Leben von heute auf morgen umgekrempelt. Viele von uns waren damit erst mal kurzzeitig überfordert. Unsicherheit und Angst waren verbindende Elemente.

Inzwischen kann man erkennen, dass sich ein Teil gut, wenn auch mit Einschränkungen, damit arrangiert hat. Sie nehmen die Herausforderung an und pflegen einen kreativen Umgang. Das beinhaltet sehr wohl auch einen kritischen Umgang damit.

Ein zweiter Teil ist noch in einer Orientierungsphase und wägt ab.

Ein dritter Teil trauert den alten Gepflogenheiten hinterher, kämpft noch dagegen an und -statt sich zu bewegen – hadern sie mit allen und allem, die ihre „alte Welt“ zerstört haben.

Doch diese Welt wird es nicht mehr geben.

Aber auch das ist eigentlich eine gute Nachricht. Denn wir können eine bessere daraus machen, nämlich dann – so möchte man allein verzagten Menschen zurufen – wenn ihr euch bewegt, arrangiert und kreativ ein Umfeld gestaltet, in dem ihr euch wieder wohl fühlt.

Freiheit ist nicht die Option, alles tun zu können, was uns Spaß macht. Freiheit ist eine Geisteshaltung, die es uns erlaubt zu entscheiden, was wir denken und wie wir mit Dingen umgehen. Freiheit beginnt im Kopf. Wir könnten sie würdevoller einsetzen.

Revolution in diesen Wochen heißt eben nicht, dagegen zu sein, dass sich Umstände ändern, sondern dafür zu sein. Dafür, aktiv (!) an einer neuen Welt zu bauen. Mut hat derjenige, der vorangeht und nicht derjenige, der eine notwendige Veränderung aus Erstarrung bremst. Vieles gilt es zu gestalten, manches schreit förmlich danach:
Humane Umgangsformen, Respekt und Wertschätzung, die Organisation unseres Alltags, die Wertigkeit von Familie und ehrlicher Freundschaft, Glaubwürdigkeit, Bodenständigkeit und Verlässlichkeit, maßvolles und nachhaltiges Handeln, wirkliche Bildung statt reines Wissen u.v.m.

Wir haben die einmalige Chance, vieles neu zu gestalten und die Freiheit, mitzuwirken. Wir schaffen uns neue Wohlfühlzonen.

Doch führen alle Maßnahmen auch zum Ziel? Wer garantiert den Erfolg?
Antwort: niemand.

Der Sport lehrt uns: Es gibt keine Garantien, aber Chancen. Wenn es nur einen Hauch einer Chance gibt, dass wir etwas bewegen, beitragen können, so sollten wir es tun.

Wenn wir mit einer verordneten Maßnahme auch nur eine (!) Infektion verhindern, sollten wir es tun. Wenn ich persönlich auch an der Sinnhaftigkeit der ein oder anderen Regel zweifle, so sende ich zumindest ein Zeichen „ich achte auf Dich“, „ich nehme Rücksicht“.

Es ist nicht die Frage, das angenehme, schönere zu tun, sondern das richtige!

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